Demir Kapija ist der heißeste Ort Mazedoniens. Im Sommer herrschen hier schonmal 45° im Schatten. Der 3000 Seelen Ort liegt etwa 100km südöstlich der Hauptstadt Skopje und ca. 130km nordwestlich von Thessaloniki. Wir reisten mit der ungarischen Airline WizzAir von Dortmund aus nach Skopje. Wir wurden am Flughafen abgeholt und gelangten am 21.9. Mittags im Zielgebiet an.

In dem kleinen Ort, welcher unter anderem das älteste Weingut des Balkans beherbergt, hat ein bekannter Kletterlehrer vom DAV Hamburg vor nicht allzu langer Zeit ein kleines Häuschen gekauft, um dieses als Basis zu nutzen, die Umgebung klettertechnisch zu erschließen, Kurse zu geben und die Kursteilnehmer oder Klettergäste im allgemeinen zu beherbergen. Er macht dies alles in Eigenregie, sprich das Routenmaterial etc. bezahlt er aus der eigenen Tasche. Er erhält teilweise Spenden bezüglich Kletterequipment vom DAV. Es ist sein Traum, und den versucht er langsam zu realisieren.

Er selbst kam Anfang zwanzig als Sohn einer russisch/kasachischen Familie nach Deutschland, nach Hamburg, zum studieren. Sein Abschluss hat er in Biologie gemacht. Hier lernte er auch erst klettern. Mittlerweile arbeitet er als Klettertrainer bei der Hamburger Sektion des deutschen Alpenvereins.

 

Zunächst wollte er seine Idee in Montenegro in die Tat umsetzen. Unverschämte Preisvorstellungen in Hinblick auf den Erwerb eines passenden Grundstücks/Hauses ließen dies aber nicht zu. Er folgte dann einem bekannten russischen Kletterer, welcher bereits in Demir Kapija wohnte. Dieser Kletterer ist im Übrigen ehemaliger Trainer der kasachischen und vormals auch der russischen Klettermannschaft gewesen. Zudem war er zweifach für den bedeutendsten Kletterpreis nominiert.
Er schraubte bereits Routen im Gebiet und tut dies nun kooperativ mit Igor vom DAV.

 

Vor Ort besuchten wir 3 verschiedene Klettersektoren. Einen vierten existierenden schafften wir leider nicht. Die Schwierigkeitsstufen sind recht anspruchsvoll. Aber es soll dahingehend Abhilfe geschafft werden, dass einsteigerfreundliche Routen in größerem Umfang hinzukommen sollen. Sprich Routen zw. Fünftem und sechstem Grad. Aktuell gibt es in etwa 80 Routen. Es gab schon einmal mehr, welche von mazedonischen Kletterern gebohrt wurden, diese aber teilweise einem Tunnelbau zum Opfer fielen. Igor möchte jährlich ca. 100 neue Routen schrauben.
Die existierenden sind bezüglich Exenabstand hallenähnlich, also nicht sehr weit auseinander. Es gibt kurze knackige, aber auch längere und auch Mehrseilrouten.
Es handelt sich vor Ort um Kalkgestein. Da es bisher kein hochfrequentiertes Gebiet ist sind die Griffe und Tritte noch nicht glatt, dafür aber teilweise noch sehr scharf bzw. spitz. Die Platten-Touren müssen immer mal wieder von Moos und Dreck gesäubert werden. (Wird zukünftig mehr geklettert erledigt sich dies von allein.)
Dies erledigen unter Aufsicht teilweise einheimisch Jugendliche, welche Igor für's Klettern interessieren konnte. Er ist im Ort sehr willkommen (spricht neben russich und deutsch auch mazedonisch) und vergangenen Montag wurde nun auch ein lokaler Kletterverein gegründet. In der neu entstehenden Sporthalle soll übrigens ein extra Boulderbereich gebaut werden. Für die Jungs, welche erst seit 3 Monaten klettern, dies im Hinblick auf diese kurze Zeit aber erstaunlich gut machen, ist es teilweise die einzige Abwechslung. Die Gegend ist durch hohe Arbeitslosigkeit geprägt. Die Hälfte der mazedonischen Bevölkerung lebt in der Hauptstadt. Wer kann verlässt die Provinz. Hier gibt es wenig Perspektive. Der Aktiv-Tourismus ist aber eine gute Möglichkeit für die Gegend.
Man kann Mountainbiken, Kajak fahren, klettern, wandern und lecker essen.

Igors bescheidene Hütte bietet einen angenehmen Anlaufpunkt für die klettertechnische Erkundung. Er hat aktuell Platz für vielleicht 15 Personen. Da er sich um den Ausbau des Hauses, die Routenerschließung, das Geben von Kursen, Sponsoring etc. beinahe allein kümmert geht es verständlich eher in kleinen Schritten vorwärts.

Aber nur durch Leute wie ihn gibt es solche Möglichkeiten überhaupt. Ich denke es gibt kein zurück mehr. Das Gebiet wird sich behaupten und zukünftig eine gute Alternative zu bereits bekannten Gebieten in anderen europäischen Ländern sein. Polnische, deutsche, russische und mazedonische Kletterer sind bereits hier/ gewesen und es wird sich sicher weiter herumsprechen. Ein Grund dafür wird auch sein, dass es eigentlich ganzjährig kletterbar ist. Manche Sektoren können im Sommer auch nur teilweise geklettert werden, weil zu heiß, sind dafür aber im Winter umso besser. Die meisten Sektoren bieten aber stets genug Schatten und frische Luft.

 

Für uns war es eine tolle Woche. Tagestemperaturen bis knapp 30°. Gutes, kostengünstiges Essen, eine landschaftlich schöne Umgebung und natürlich frische Routen zum entspannten klettern ohne, dass sich hunderte Kletterer gegenseitig auf den Füßen stehen!

 

Nächstes Jahr werden wir wohl wieder dort sein. Bei Fragen zum Gebiet, Anflug etc. helfe ich gern weiter oder verbinde direkt zu Igor. Einen Beitrag auf der einheimischen Webseite wird es bald geben. Wir haben einen kleinen Film mit Interviews gedreht, welcher aber erst noch geschnitten werden muss. Ein Link folgt.

In diesem Sinne,
munk

Church of Saint Jovan, Ohrid
Church of Saint Jovan, Ohrid